Hilfe! Nachtragsliquidation…
Immer wieder stellt sich das Problem, dass im Handelsregister gelöschte Gesellschaften (meist GmbHs) tatsächlich noch über Vermögenswerte verfügen. Im notariellen Bereich taucht das Problem häufig bei Immobilien auf.
Zwei Fallbeispiele:
1.
Bei einem Verkauf einer Immobilie stellt der Notar bei der Grundbucheinsicht fest, dass noch eine Auflassungsvormerkung für eine GmbH eingetragen ist. Diese möchte der Käufer natürlich nicht übernehmen und drängt auf Löschung im Rahmen der Abwicklung. Der Notar nimmt Einsicht ins Grundbuch und findet heraus, dass die Gesellschaft bereits seit Jahren liquidiert und gelöscht ist.
2.
Ein Grundstück ist vor 20 Jahren von der Eigentümerin in Wohnungeigentum nach dem WEG aufgeteilt worden. Sie hat die einzelnen Wohnungen sodann Stück für Stück an Dritte verkauft. Bei der Teilung sind auch die Dachgeschossrohlinge einbezogen worden. Da zu diesem Zeitpunkt kein Ausbau zu Wohnungen mit geplant war ist hieran Teileigentum gebildet worden. Dies ist jedoch in Vergessenheit geraten. Die Gesellschaft wird später aus anderen Gründen liquidiert und im Grundbuch gelöscht. Dabei werden die nicht ausgebauten Dachgeschosseinheiten vergessen. Ein Wohnugnseigentümer möchte diese gerne kaufen. Andere Eigentümer würden sie lieber ins gemeinschaftliche Eigentum überleiten.
In beiden Fällen stehen die Beteiligten vor einer misslichen Situation. Im Fall 1 ist die Immobilie praktisch unverkäuflich. Denn kein Dritter wird sie mit eingetragener Auflassungsvormerkung erwerben. Im Fall 2 stellen sich diverse Probleme. Zum Beispiel kann die Wohnungseigentümergemeinschaft keine Änderungen an der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung durchführen. Denn grundbuchtechnisch gehört der gelöschten GmbH noch ein Bruchteil am Grundstück. Ihre Erklärungen sind bei wesentlichen Änderungen gegenüber dem Grundbuchamt erforderlich. Auch andere Beschlüsse lassen sich eventuell nicht in allen Fällen sauber treffen. Ein Verkauf der Dachgeschossrohlinge oder eine Übernahme ins gemeinschaftliche Vermögen ist ebenfalls nicht möglich. Hierfür müsste die Eigentümerin – die gelöschte GmbH – Erklärungen abgeben.
Trotz Beendigung der Liquidation und Löschung einer Gesellschaft im Handelsregister hört sie tatsächlich so lange nicht auf zu existieren, wie sie wirtschaftlich noch über Vermögenswerte verfügt. Dies ist bei im Grundbuch eingetragenen Rechten zweifellos der Fall. Damit diese Rechte übertragen oder gelöscht werden können muss die liquidierte Gesellschaft ein Vertretungsorgan erhalten. Das Amt des ehemaligen Liquidators (bzw. des Insolvenzverwalters) ist beendet.
Beim Handelsregister kann in diesem Fall ein Antrag auf sog. Nachtragsliquidation gestellt werden. Dem Gericht ist darzulegen, aus welchem Grund der Antragsteller ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Durchführung der Nachtragsliquidation hat. Zudem sollte ein geeigneter Nachtrag Liquidator vorgeschlagen werden. Dies kann beispielsweise der ehemalige Liquidator, Geschäftsführer oder einer der Gesellschafter sein. Häufig sind diese jedoch nicht bereit, die Nachtragsliquidation durchzuführen. Auch einen hierfür geeigneten Dritten kann als Nachtragliquidator eingesetzt werden. Sinnvoll ist es, einen aufs Gesellschaftsrecht spezialisierten Rechtsanwalt vorzuschlagen. Manche Handelsregister sind auch in der Lage, eigene Vorschläge zu unterbreiten. Da der Antragsteller jedoch auch die Kosten eines solchen Nachtragsliquidationsverfahrens trägt macht ein eigener Vorschlag auch wegen der entstehenden Kosten sind. Der Antragsteller kann mit dem Nachtragsliquidator eine Gebührenvereinbarung treffen.
Der Nachtragsliquidator wird nach Zahlung eines Kostenvorschusses für das Verfahren vom Amtsgericht bestellt. Er kann nun die bereits liquidierte Gesellschaft vertreten und insbesondere grundbuchlichen Erklärungen abgeben. Er darf Löschungsbewilligungen erteilen oder im Eigentum der Gesellschaft stehendes Immobilienvermögen veräußern. Nach Beendigung des Verfahrens zeigt er dies dem Handelsregister an und wird als Nachtragliquidator aus seinem Amt entlassen.
Für ein solches Verfahren ist mit hohem Zeitaufwand und nicht unerheblichen Gebühren zu rechnen. Der Regel wird für die Gerichtskosten beträgt 60.000 €. Ist das Verfahren für das Registergericht unterdurchschnittlich schwierig bzw. aufwendig kann auch ein geringerer Wert angesetzt werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn lediglich die Löschung einer Dienstbarkeit begehrt wird.
Hier finden Sie ein Muster für einen Antrag beim Handelsregister. Es ersatzt jedoch keine rechtliche Beratung.