SAWAL . SCHÜLLER . HANKE | Schenken – nur mit Genussverzicht?
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Schenken – nur mit Genussverzicht?

Schenken – nur mit Genussverzicht?

Schenkungen werden häufig zur vorweggenommenen Erfolge zu Lebzeiten vorgenommen. Frei nach dem Motteo: “Besser aus warmer Hand gegeben als aus kalter Hand genommen” schenken und übertragen viele Eltern erhebliche Vermögenswerte an Ihre Kinder oder Enkelkinder.

In der Regel möchte der Schenker dabei zu Lebzeiten noch abgesichert und versorgt sein und behält sich ein sogenanntes Nießbrauchsrecht oder Wohnrecht an der verschenkten Immobilie vor. In der Regel werden auch verschiedene Gründe oder Lebenssachverhalte vereinbart, bei denen der Schenker das Geschenk zurückfordern kann. Praktisch wird dann meist nur das “nackte Eigentum” übertragen. Steuerlich ist das wunderbar: Die Schenkung wird vom Finanzamt voll – zu heutigen Werten – anerkannt und das vorbehaltene Recht wird sogar noch wertmindernd abgezogen. Erledigt es sich durch Tod der schenkenden Person, ist der darin liegende wirtschaftliche Gewinn des Beschenkten nicht nachträglich zu versteuern. Auf diese Weise lassen sich leicht erhebliche Schenkungs- und Erbschaftsteuerbeträge sparen oder dieses sogar vollständig verhindern.

Mitunter werden jedoch nicht (nur) steuerliche Gründe mit der Schenkung bezweckt. Das ist u.a. dann der Fall, wenn hiermit der Pflichtteil eines gesetzlichen Erben reduziert oder vollständig ausgeschlossen werden soll. Wollen Eltern ein oder mehrere Kinder erbrechtlich nicht begünstigen, können Sie zwar ein entsprechendes Testament erstellen. Der so ausgeschlossene gesetzliche Erbe hat dann einen Pflichtteilsanspruch gegen die testamentarischen Erben. Er beträgt 50% des gesetzlichen Erbes. Diesen Anteil kann man ihm wirtschaftlich nicht nehmen. Eine vollständige Enterbung mit Entzug des Pflichtteils hat hohe Hürden, die fast nie erreicht werden. Praktisch muss sich das missbilligte Kind gegenüber den Eltern strafbar gemacht haben.

Durch eine lebzeitige Schenkung kann jedoch der Betrag, von dem der Pflichtteil berechnet wird, reduziert werden. 50% von 100 sind eben weniger als 50% von 1000.

Hat eine Schenkung diesen Hintergrund, muss man mit den eingangs erwähnten Vorbehalten (Nießbrauch/Wohnungsrecht) sehr vorsichtig sein. Denn grundsätzlich schmilzt pflichtteilsrechtlich eine Schenkung von Jahr zu Jahr ab – § 2325 Abs. III BGB lautet:

“Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.”

Die Rechtsprechung hat hierzu die Fälle des sog. Genussverzichts entwickelt. Der Schenker muss demnacht nicht nur sein Eigentum formell aufgeben, sondern im Wesentlichen auch auf den “Genuss” verzichten. Für den Nießbrauch bedeutet dies, dass bein einem vollständigen Nießbrauchsvorbehalt die 10 Jahresfrist nicht beginnt und daher die Schenkung – pflichtteilsrechtlich – für die Katz ist. Auch bei Wohnrechten kann dies das Ergebnis sein. Der BGH hat zum Aktenzeichen IV ZR 474/15 im Jahr 2016 entschieden:

“Behält sich der Erblasser bei der Schenkung eines Grundstücks ein Wohnungsrecht an diesem oder Teilen daran vor, so kann hierdurch in Ausnahmefällen (hier verneint) der Beginn des Fristlaufs gem. § 2325 Abs.3 BGB gehindert sein.”

Viele Notare und Rechtsanwälte übersehen dieses Problem. Man muss in solchen Fällen sehr vorsichtig mit vorbehaltenen Wohnungsrechten sein und im Einzelfall versuchen, eine Absicherung des Schenkers herbeizuführen, ohne den Anlauf der Frist des § 2325 BGB zu verhindern.

Ein grober Fehler ist in diesen Fällen auch die Schenkung an den Ehegatten. Denn bei einer soclhen beginnt die Frist ohnehin erst mit der Beendigung der Ehe (Tod, Scheidung), was gestalterisch eher schwierige Fälle sind.

Es sind daher Einzelfalllösungen vom Notar gefragt. Auch eine entgeltliche Verfügung statt einer Schenkung und Darstellung eines lebzeitigen Eigeninteresses muss der Notar als Gestalter in die Auswhl ziehen.

Lebzeitige Schenkungen sind alles andere als leicht – zivil- und steuerrechtlich. Wir haben in diesem Gebiet durch hunderte Übertragungsverträge mit verschiedenen Fallkonstallationen sehr viel Erfahrung. Sprechen Sie uns gerne für eine Beratung an. Wir finden auch für Ihren Fall eine individuelle Gestaltung.

Sawal & Schüller, Notare



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